über duosonic, musicmaster, mustang, Bronco und einige andere spezialitäten
Fenders größter Konkurrent Gibson hatte mit seiner Les Paul Junior schon 1954/55 vorgelegt und neben der Les Paul ein deutlich günstigeres Modell auf den Markt gebracht, um auch Anfänger und weniger gut Betuchte wie Schüler und Studenten an die Marke heran zu führen. Denn was früh sich findet, hält oft ein Leben lang. Im April bzw. Juni 1956 zog Fender mit der Duo-Sonic (2 Pickups) und der Musicmaster (1 Pickup) nach...
Duo-Sonic und Musicmaster hatten ganz klar die Anfänger (und deren Eltern) im Visier. Schließlich musste den vielen Gitarrist*innen, die sich für diese damals noch neue Instrumentengattung zu interessieren begannen, die Möglichkeit geboten werden, auch mit einem geringen Budget eine originale Fender kaufen zu können.
Steigen dann später das Können und damit die Ansprüche an das Instrument, sind Strato- und Telecaster nur ein Regal weiter. So bleibt man der Fender-Familie treu, denn die ersten Beziehungen prägen bekanntlich die Vorlieben durch ein ganzes Leben hindurch.
Es gibt durchaus Legenden, die das vorlebten: Jimi Hendrix z.B. spielte 1964 bei den Isley Brothers eine Duo-Sonic und war längst ein Stratocaster-Gott, als er viel zu früh in den Himmel einfuhr.
phase 1
Die Duo-Sonic kostete 1956 bei ihrer Markteinführung $ 149.50 und die Musicmaster sogar nur $ 119.50, während eine Telecaster damals mit immerhin $ 199.50 und eine Stratocaster sogar mit $ 274.50 recht kräftig zu Buche schlugen.
Diese ersten Schülergitarren Fenders hatten eine zierliche Mensur von 22.5“ (571 mm) und trugen ein schickes, golden anodisiertes Alu-Schlagbrett, das Ende der Fünfziger Jahre allerdings durch Plastik ersetzt wurde.
als die pferde kamen - phase 2
1964 wurde aus dem Low-Budget-Duo ein -Trio, erweitert durch die Mustang. Die war nichts anderes war als eine Duo-Sonic, allerdings mit Vibratosystem. Fender nahm gleichzeitig einige Veränderungen vor, um die drei Instrumente einander anzugleichen. So wurden alternativ zu der kurzen Mensur die Duo-Sonic II und Musicmaster II nun auch mit der mittleren Mensur der Mustang angeboten (24“= 610 mm), während die Mustang im Gegenzug ebenfalls – allerdings in kleinen Stückzahlen und auch nur übergangsweise - mit der ganz kurzen Mensur gebaut wurde. Duo-Sonic und Musicmaster bekamen nun auch das Offset-Bodydesign, die Pickguard-Form und die verschromte Kontrollplatte der Mustang. Bei der Duo-Sonic wurde zudem der Dreiweg-Toggle-Schalter durch zwei Schiebeschalter ersetzt, was auch dem Layout der Mustang entsprach. Sehr zum Entsetzen der aktiven Spieler, denn diese Schalter erwiesen sich nicht nur als anfällig, sondern in Live-Situationen äußerst unpraktisch. Sie boten jeweils drei Positionen - An/Aus/An - und ermöglichten auch Out-of-phase-Sounds, je nachdem , in welcher Schalterposition der Schalter stand. An ein schnelles Umschalten, wie man es mit dem Dreiweg-Schalter gewohnt war, war nun jedoch nicht mehr zu denken.
1967 wurde aus dem Trio aus Duo-Sonic, Musicmaster und Mustang ein Quartett, denn Fender stellte den dreien die Bronco zur Seite. Im Prinzip war dies abgesehen von Kleinigkeiten eine Musicmaster II, allerdings mit einem schräg angeordneten Pickup am Steg und einem Tremolosystem ausgestattet. Die Broncos wurden bis 1980 gebaut.
phase 3
1969 wurde die Duo-Sonic aus dem Programm genommen, während die schlichteren Musicmaster und Bronco noch etliche Jahre weiter gebaut wurde. Die Musicmaster-Version aus Phase 2 hielt sich immerhin bis 1975 und wurde dann von einer dritten Version mit 24"-Mensur und 22 Bünde abgelöst. Die Bronco wurde bis 1980 gebaut.
Die Mustang hatte Duo-Sonic, Bronco und Musicmaster in den Verkaufszahlen aber bereits weit abgehängt und wurde in dieser Form noch bis 1981 gebaut. Fender Japan brachte die attraktive Gitarre 1986 für einige Jahre wieder ins Geschehen zurück.
Dass aus diesem Trio einmal begehrte Sammlerstücke werden würden, hatte bei Fender sicherlich niemand auf der Rechnung. Aber vor allem durch die Einführung der Custom Colors mit Autolacken von DuPont konnte sich so manche Duo-Sonic und Musicmaster, und erst recht die Mustang, über die Zeit einen Platz in einer veritablen Sammlung sichern. Nicht schlecht für eine Budget-Gitarre!
Doch viel wohler fühlten sich diese speziellen Fender-Gitarren auf der Bühne - und vor allem, seit sie von Alternative-Musiker*innen entdeckt und gespielt wurden. Denen gefiel das andersartige Aussehen der kleinen Fender-Gitarren, ihre Handlichkeit und natürlich der typische Fender-Sound, der sich überall durchsetzt. Es dürfte klar sein, dass sich nicht gerade Gitarren-Virtuosen auf einer Mustang oder Duo-Sonic austoben, sondern vor allem Sänger und Rhythmus-Player, denen die einfache Struktur dieser kleinen Offset-Gitarren entgegenkommt. Oder Musiker, die besonderen Wert auf den künstlerischen Ausdruck ihres Spiels legen und sich nicht scheuen, neue Wege zu beschreiten. Bestes Beispiel dafür ist vielleicht David Byrne, Mastermind und Sänger der Talking Heads, der auf den ersten beiden Alben der Band eine Duo-Sonic spielte. Aber auch der großartige Adrian Belew holte Erstaunliches aus einer Fender Mustang.
Patti Smith, Tom Verlaine, Richard Lloyd, Dweezil Zappa, Johnny Winter, Rory Gallagher und natürlich Kurt Cobain sind weitere bekannte Musiker*innen, die im Verlauf ihrer Karriere - meistens am Anfang - eine Duo-Sonic oder Mustang gespielt hatten.
moderne
Fender hatte natürlich auch erkannt, dass längst nicht mehr nur Schüler*innen diese Gitarren spielen und veröffentlichte in 2016 vier neue Modelle - zwei Duo-Sonic, davon eine HS-Variante mit Steg-Humbucker, und zwei Mustang 90, beide ohne Tremolosystem, davon eine als Mustang 90 mit zwei P90 Pickups. Beide Modelle kommen mit 610mm-Mensur und sind ab Werk auf "alternative" getrimmt, um auch in diesem Musikbereich zu fischen. Womit natürlich der Charme der alten Billiggitarren flugs verflog, wittert doch gerade die alternative Generation jede Form von Anbiederung und lehnt sie kategorisch ab. Aber da alte Gitarren dieser Gattung mittlerweile auch nicht mehr für ein Taschengeld zu haben sind, sind auch diese neuen Modelle brauchbare Alternativen. Denn zumindest stimmt die optische Packung.
Im Katalog von 2020 findet sich allerdings keine Duo-Sonic mehr, während die Mustang gleicht mit zwei Modellen in vielen verschiedenen Farben vertreten ist. Aus dem Werk in Ensenada, Mexiko, kommt die Vintera Mustang mit einem interessanten Mix aus Vintage- und Moderne-Features, aus USA stammt die Top-of-the-line Mustang, die American Performer Mustang. Fender Japan baut zudem eine schöne Lefthand-Version der Mustang. Diese Gitarren sprengen allerdings Taschengeld-Dimensionen.
squier
Schüler, Studenten und Anfänger dürfen sich darüber freuen, dass auch das Squier-Sortiment um diese Art Gitarren aufgestockt wurde. Klar, denn ein Squier-Preis ist immer heiß. Eine prima Replik der Duo-Sonic- Ur-Version inkl. Gold-anodized-Schlagbrett erschien 2008 in der Squier Classic Vibe Serie, ist aber nur noch auf dem 2nd-Hand-Markt zu ergattern und dort durchaus gesucht.
Der Squier Katalog von heute hat immerhin zwei Mustang Modelle zu bieten. Im untersten Preisbereich befindet sich die Bullet Mustang, ohne Tremolosystem und mit zwei Humbuckern. In der beliebten Classic-Vibe Serie findet sich eine 60s Mustang mit typischen Vintage-Spezifikationen.
sonderbares wie swinger, cyclone und jag-stang
Die Fender- und Squier Geschichte bietet auch auf dem Feld der Gut- und Günstig-Gitarren sonderbare Designs. Eine der vielleicht sonderbarsten Gitarren des Fender Katalogs ist die Swinger. Nicht schön, aber immerhin mit einer sehr interessanten Geschichte. Denn nachdem Leo Fender seine Firma 1965 an CBS verkaufte, war eine Maßnahme der neuen Manager, überschüssige Teile aus früheren Poduktionen zu neuen Modellen zu kombinieren. Die Swinger, die inoffiziell auch als Musiclander oder Arrow bezeichnet wurde, ist nichts anderes als der Korpus der Fehlkonstruktion namens Fender Bass V, bestückt mit überschüssigen Hälsen und anderen Teilen der Mustang und Musicmaster. Um der Swinger ein eigenständiges Aussehen zu verleihen, erhielt der Korpus hinten einen bogenförmigen Ausschnitt, während die Kopfplatte pfeilförmig zugespitzt wurde. Unsichtbarer Beweis der Herkunft dieses schrägen Produktes: Unter dem Schlagbrett befand sich neben der Ausfräsung für den Singlecoil-Tonabnehmer eine weitere unbenutzte Fräsung, die ursprünglich für den Tonabnehmer des Fender Bass V vorgesehen war. Die Swinger war alles andere als ein Hit und wurde seinerzeit auch sehr zurückhaltend von Fender beworben. Aber sie ist immerhin 2019 - warum auch immer - in schönen Farben und mit gleich zwei Modellen als Reissue auferstanden. Und natürlich ohne die Fräsung für den Bass-V-Pickup.
In der Squier Paranormal-Serie erscheint die Cyclone, eine gewagte, aber gelungene Melange aus Mustang, Stratocaster und Jaguar.
Die bekannteste modifizierte Mustang ist natürlich die Jag-Stang - und eigentlich eine eigene Story wer!
Auf die Frage, wie ein mögliches Kurt-Cobain Signature-Modell aussehen solle, fotografierte Cobain damals seine alten Fender Mustang und Jaguar, schnitt die beiden Fotos in der Mitte durch, klebte die Oberseite der Jaguar an die Unterseite der Mustang und präsentierte das Ergebnis dem Fender-Team. Dieser Logik folgend, ging die Gitarre mit dem Kunstnamen Jag-Stang (Jaguar & Mustang) in die Produktion.
schluss jetzt
Wie auch immer - dank ihres unverwechselbaren Sounds sind auch die ehemaligen Schülergitarren von E-Gitarren-Gigant Fender längst der Schule entwachsen und werden insbesondere von Sängern und Sängerinnen als willkommene Alternative zu Tele, Strat, Jazzmaster und Jaguar eingesetzt. Denn auch sie liefern den typisch-brillanten Fender-Sound und bieten ein frisches, alternatives Image - im Gegensatz zu den bieder und alt erscheinenden Fender Topseller wie Strat und Tele. Und begibt man sich in die Squier-Welt dieser Gitarrentypen, erreicht man durchaus auch heute noch das Preis-Niveau, das zu Schüler- und Studenten-Geldbeuteln passt.
Heinz Rebellius (Donnerstag, 20 Mai 2021 23:16)
@Andy E.: Du hast Recht, Andy. Ich habe den Artikel entsprechend korrigiert. Danke fürs Lesen!
@ Jürgen Bromant: Hallo Jürgen, das stimmt leider nicht. Die ersten Duo-Sonic und Musicmaster hatten tatsächlich keine Offset-Bodies, aber ab 1964 bekamen sie die dann verpasst. So wie es im Text steht. Danke fürs Lesen!
Jürgen Bromant (Freitag, 14 Mai 2021 01:40)
Gut geschrieben und recherchiert. Einziger kleiner Fehler: Duo-Sonic und Musicmaster sind keine Offset-Gitarren, aber das macht Fender selbst sogar manchmal falsch.
Andy E. (Donnerstag, 13 Mai 2021 18:24)
Mein lieber Heinz,
schöner Artikel! Allerdings hab ich ne Musicmaster von 1971 oder 1972. Will sagen dass 1969 nicht Schluss war mit der Musicmaster.
Viele Grüsse
Andy
Dirk Schierenberg (Donnerstag, 13 Mai 2021 15:55)
Vielen Dank für diesen tollen Artikel.
Schön zusammen getragen und sehr informativ.
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